FEST. Rubensgrafik II
Mit der Ausstellungsreihe „Mensch │ Rubens“ lädt das Siegerlandmuseum Besuchende dazu ein, das druckgrafische Werk von Peter Paul Rubens besser kennenzulernen. In wechselnden Kapiteln werden die Bestände vorgestellt und in aktuelle Kontexte gesetzt. Im Zentrum steht dabei der Mensch – in seiner Beziehung zur Umwelt, zur himmlischen Sphäre, und, nicht zuletzt, zu anderen Menschen. „FEST. Rubensgrafik II“ bildet das zweite Kapitel.
18. Oktober 2024 – 5. Januar 2025
Siegen feiert. In diesem Jahr begeht die Stadt Siegen ihr 800-jähriges Jubiläum und lenkt unseren Blick auf Themen wie Geselligkeit, Gemeinschaft, Tanz und Musik. Auch in den Druckgrafiken nach Werken von Peter Paul Rubens spiegelt sich das tiefe Bedürfnis des Menschen nach Ausgelassenheit und Festlichkeiten wieder. Im Mittelpunkt des zweiten Kapitels der Ausstellungsreihe „Mensch | Rubens“ stehen daher zeremonielle Zusammenkünfte, ausgelassene Feiern und sinnliche Ausschweifungen. Tauchen Sie ein in die pure Lebensfreude bei Tanz und Trunk der flämischen Kirmes, genießen sie stille Zusammenkünfte im ländlichen Idyll und rauschende Feste im höfischen Umfeld. Sitzen Sie zu Tisch mit Göttern und Sagengestalten bei mythischen Hochzeiten und erfahren Sie, wie Rubens die Moralvorstellungen seiner Zeit künstlerisch übermittelte.
Begleitprogramm
09.11.2024 | 13.30-16 Uhr: Unsere kleine Druckwerkstatt – Familienworkshop mit der Jugendkunstschule Siegen-Wittgenstein im Rahmen der “Offenen Ideen-Werkstatt”
10.11.2024 | 14.30 Uhr: Öffentliche Führung
19.11.2014 | 18.00 Uhr: Rubens und die Festkultur in Antwerpen in der Frühen Neuzeit – Gastvortrag von Madeline Delbé, M.A.
08.12.2024 | 14.30 Uhr: Kuratorinnenführung mit Dr. Louisa Thomas
12.12.2024 | 18 Uhr: Fest für die Augen. Die Welt von Rubens mit Studierenden erkunden
14.12.2024 | 13.30-16 Uhr: Gestochen scharfe Kupferstiche –Familienworkshop mit der Jugendkunstschule Siegen-Wittgenstein im Rahmen der “Offenen Ideen-Werkstatt”
Objekttexte online
Hier können Sie die Objekttexte zur Ausstellung nachlesen.
Antoine Trouvain (1656 – 1708)
Die Hochzeit der Königin, 1704
Kupferstich
Hochzeitsfeierlichkeiten nahmen im höfischen Kontext eine wichtige Funktion ein. Sie stärkten dynastische Verbindungen und konnten zur Befriedung von Konflikten beitragen. Zugleich dienten aufwändige Festlichkeiten dazu, den Reichtum und die Überlegenheit des Königshauses zu demonstrieren. Am 5. Oktober 1600 heiratete Maria de’ Medici den französischen König Heinrich IV. Ein wesentlicher Grund für diese Verbindung sollen die hohen Schulden gewesen sein, die der König bei den Medicis aufgenommen hatte. Da sich der Bräutigam im Krieg befand, nahm Marias Onkel seinen Platz bei der Trauung ein. Rubens unterstreicht die festliche Szene durch die Darstellung von üppigem Blumenschmuck und prunkvoller Kleidung der Anwesenden. Er selbst war nicht bei der Trauung, aber bei den anschließenden Feierlichkeiten anwesend.
Christoffel Jegher (1596 – 1653)
Der Liebesgarten, 1630
Holzschnitt aus 2 Platten
Rubens malte den Liebesgarten für seine junge Frau Hélène Fourment. Die Szene zeigt eine Gesellschaft unter dem Einfluss der Liebesgöttin Venus. Auf der linken Seite stehen die drei Grazien symbolisch für verschiedene Formen der Liebe. Zudem sind zahlreiche Zeichen der Ehe zu erkennen.
Frans van den Wyngaerde (1614 – 1679)
Hochzeit von Thetis und Peleus, 17. Jahrhundert
Radierung
Die Hochzeit von Peleus und Thetis wird von der Göttin Eris gestört, indem sie einen goldenen Apfel mit der Aufschrift ‚für die Schönste‘ unter die Götter wirft. Dies führt zu einem Wettstreit zwischen Hera, Athene und Aphrodite, der letztlich den Trojanischen Krieg auslöst. Die Gemäldevorlage zu der Radierung wurde wohl von Jacob Jordaens ausgeführt. Sie verweist auf menschliche Schwächen wie Eitelkeit und Stolz, die zu schweren Konflikten führen können.
Schelte à Bolswert (1581 – 1659)
Der Schlosspark, 1630er Jahre
Kupferstich
Der Stich zeigt eine elegant gekleidete Gesellschaft, die sich den Tag mit Spiel und Musik vertreibt. Ganz rechts steht ein Paar, das wohl Rubens und seine zweite Ehefrau Hélène Fourment darstellt. Gleich daneben ist ein junger Mann zu erkennen, der versucht, Gras unter den Rock seiner Begleiterin zu stecken. Eine ähnliche Absicht verfolgt auch ein anderer Festteilnehmer im Hintergrund. Die verspielte Szene ist in einem Park angesiedelt, der zu einer mittelalterlichen Burg zu gehören scheint.
Schelte à Bolswert (1581 – 1659)
Landschaft mit Regenbogen, 17. Jahrhundert
Kupferstich
Das Hirtenidyll ist als Gegenstück zu den vornehmen Szenen des Liebesgartens und des Schlossparks zu verstehen. Den Betrachtenden zeigt sich hier ein ruhiges, friedliches Beisammensein anstelle eines rauschenden Festes. Die kleine Gruppe von Hirten und Bauern wirkt dabei wie ein natürlicher Teil der Umgebung. Der Fokus liegt nicht auf der Ausgelassenheit des Feierns, stattdessen wird ein ländliches Idealbild mit mythologischen Anklängen aufgezeigt.
Jonas Suyderhoef (1613 – 1686)
Zug des Bacchus, 2. Hälfte 17. Jahrhundert
Kupferstich und Radierung
Nur selten stellte Rubens den Gott Dionysos in Person dar. Die Grafik von Suyderhoef, basierend auf einem verlorenen Gemäldevon Rubens, zeigt den Weingott als betrunkenen jungen Mann. Umgeben ist er von einem Gefolge von vier Feiernden, zwei davon müssen ihn stützen. Neben dem Unterhaltungswert der Darstellung werden auch die Folgen von übermäßigem Weinkonsum thematisiert. Die Art, wie Dionysos gestützt wird, erinnert deutlich an den Trunkenen Silen.
Alexander Voet II. (1637 – 1705)
Satyr mit Früchtekorb, 17. Jahrhundert
Kupferstich
Satyrn sind in der griechischen Mythologie halbmenschliche Naturgötter und Begleiter des Weingottes Dionysos. Sie stehen symbolisch für die menschlichen Leidenschaften. In Voets Kupferstich wird der verschmitzt lächelnde Satyr von einer Nymphe begleitet, die sich an den verlockenden Früchten in seinem Korb bedient. Das Obst steht für Verführung und Genuss, wodurch die Szene auch als Hinweis auf die Gefahren von Zügellosigkeit und unmäßiger Sinnlichkeit interpretiert werden kann.
Christoffel Jegher (1596 – 1653)
Der trunkene Silen, um 1633/35
Holzschnitt
Das Bacchanal, ein ausgelassenes Fest zu Ehren des Weingottes Dionysos, war ein beliebtes Thema in der Barockkunst. Die Darstellungen konzentrierten sich oft auf sinnliche Freuden und Heiterkeit. Jeghers Holzschnitt, nach einer Zeichnung von Rubens, zeigt eine Gruppe betrunkener Festteilnehmer. Im Mittelpunkt der humorvollen Szene steht der schwankende Silen, der von seinen Begleitern gestützt werden muss.
Unbekannt
Trunkener Silen mit Gefolge, 17. Jahrhundert
Radierung
Bei seiner Darstellung des von Satyrn und Bauern begleiteten Silen ließ Rubens sich vielleicht von den Metamorphosen des römischen Autors Ovid inspirieren. Bereits in der antiken Literatur wurde übermäßiger Weingenuss kritisch hinterfragt. Im Zusammenhang mit politischen Führungspersönlichkeiten wurde maßloses Essen und Trinken als Ausdruck schlechter Herrschaftgesehen. Da Rubens eine umfassende humanistische Bildung erhielt, war ihm diese Deutung sicher vertraut.
Philippe Joseph Tassaert (1732 – 1803)
Flämische Kirmes, 1762
Radierung
Die Flämische Kirmes zeigt eine ausgelassene Feier auf einem Dorfplatz. Die Szene ist voller Bewegung und Details: Kinder spielen, Hunde streifen umher, Erwachsene unterhalten sich, trinken Bier oder tanzen ausgelassen. Die Komposition balanciertzwischen flämischer Tradition und der Idee von universellem Vergnügen. Die fröhliche Stimmung erinnert an Bacchanal-Szenen, die oft in einer ländlichen Umgebung stattfinden.
Jean Audran (1667 – 1756)
Die Krönung der Maria de’ Medici, 1710
Kupferstich
Die Krönung von Maria de’ Medici in der Basilika von Saint Denis am 13. Mai 1610 war von großer symbolischer und politischer Bedeutung. Als eine der letzten feierlichen Handlungen vor dem Tod Heinrichs IV. sicherte die Zeremonie Marias Stellung als Königin von Frankreich und schuf die Grundlage für ihre spätere Regentschaft. Rubens’ Darstellung inszeniert die Zeremonie als glanzvolles Ereignis, das von himmlischen Symbolen und repräsentativen Gesten getragen wird, um so Marias Machtanspruch zu untermauern.
Willem de Leeuw (1603 – 1665)
Trunkener Lot und seine Töchter, 1. Hälfte 17. Jahrhundert
Radierung
Die Radierung zeigt eine Szene aus dem Buch Genesis, in der Lot nach der Zerstörung von Sodom mit seinen Töchtern in einer Höhle Zuflucht sucht. Die Frauen schenken ihrem Vater Wein ein, mit dem Ziel, ihn betrunken zu machen und Nachkommen mit ihm zu zeugen. Die Darstellung wirft Fragen zu Verantwortung, Moral, aber auch zu den Auswirkungen von übermäßigem Alkoholkonsum auf das menschliche Verhalten und soziale Beziehungen auf.
Frans van den Wyngaerde (1614 – 1679)
Lärmende Soldaten, 1640 – 50
Radierung und Kupferstich
Was auf den ersten Blick wie eine gelöste und gesellige Szene wirkt, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als zeitkritische Darstellung: Umherziehende Söldner schikanieren Bauern, stehlen ihnen Lebensmittel und Geld und amüsieren sich auf ihre Kosten. Der anklagende Ton der Komposition ist unverkennbar. Rubens verweist auf die schrecklichen Folgen des Krieges, unter denen besonders die ländliche Bevölkerung zu leiden hatte.
Schelte à Bolswert (1581 – 1659)
Die Heilige Cäcilia am Spinett, 17. Jahrhundert
Kupferstich
Die Heilige Cäcilia wird oft mit einem Musikinstrument wie dem Spinett dargestellt, weil sie in der christlichen Tradition als Schutzpatronin der Kirchenmusik verehrt wird. Ihr Leben und ihre Legende sind stark mit Musik verbunden: Während ihrer Hochzeit soll sie für Gott allein gesungen haben, obwohl die Zeremonie eine weltliche Angelegenheit war. Später wurde dieser Gesang als Ausdruck ihrer spirituellen Hingabe interpretiert.