Die wahre Entdeckungsreise besteht nicht darin, dass man neue Landschaften sucht, sondern dass man mit neuen Augen sieht. Marcel Proust Landschaften sind im Werk des flämischen Barockmalers Peter Paul Rubens (1577-1640) verhältnismäßig gering vertreten. Die meisten seiner Landschaftsgemälde scheinen ohne Auftrag entstanden zu sein, sie sind damit ganz privat gemeint. Rubens großes Interesse für das Thema Landschaft spiegelt auch seine eigene Kunstsammlung, in der sich zahlreiche Beispiele anderer Künstlerkollegen befanden, wie das Nachlassverzeichnis von 1640 dokumentiert. Der Maler hatte immer ein offenes Auge für die Landschaft, die er bereits in Italien für sich entdeckt hatte. Im ersten Jahrzehnt nach der Rückkehr aus Antwerpen 1608 lebten diese Erinnerungen hauptsächlich in Landschaften mit antiken Ruinen fort. In den 1620er Jahren war Rubens mit großen Aufträgen und diplomatischen Missionen überbeschäftigt, so dass er kaum Zeit für private Bilder fand. Im Mai 1635 kaufte der alternde Malerfürst dann das Landgut Het Steen, wo er gerne und regelmäßig weilte. Das Landhaus scheint ihm Anregungen zu vielen neuen Produktionen gegeben zu haben.

Im Laufe seiner Karriere war Rubens immer um die Bekanntmachung seiner Bilder in grafischen Reproduktionen bemüht, die die weiteste Verbreitung ermöglichten. Schelte à Bolswert (1586-1659) hieß der herausragende Kupferstecher der 1630er Jahre in Antwerpen. Von ihm stammen die Serien der Kleinen und Großen Landschaften nach kaum zugänglichen Originalgemälden, die Rubens Ruhm als Landschaftsmaler begründen. Das Universalgenie hat in seinen Landschaften auf die flämische wie niederländische Kunst seiner Zeit reagiert und sie in seiner eigenen, unnachahmlichen Weise individuell gestaltet. Seine Ergebnisse hatten auf viele Künstler in seiner unmittelbaren Umgebung formale Auswirkungen. Sie übernahmen oder kopierten Kompositionen oder einzelne Motiv des großen Vorbildes.

Nach Rubens Tod wurden die Landschaftsgemälde des Flamen in alle Welt verstreut und die grafischen Reproduktionen gerieten in Vergessenheit. Ihre Bedeutung für die europäische Malerei wurde erst im 18. Jahrhundert wieder entdeckt, als die gemalten Bilder in privaten Sammlungen zugänglich wurden. In der Ausstellung Rubens trifft: Landschaft werden die Serien der Kleinen und Großen Landschaften nach Rubens mit Landschaftsgemälden aus dem Bestand des Siegerlandmuseums und Leihgaben aus dem Von der Heydt-Museum Wuppertal ergänzt. Sie verdeutlichen zum einen die Entwicklung der Landschaftsmalerei vom 16. Jahrhundert bis zum frühen 20. Jahrhundert und machen zum anderen den Einfluss des Barockmeisters auf seine Nachfolger deutlich. Gezeigt werden u. a. Gemälde von Gillis Coninxloo (1544-1607), Joos de Momper (1584-1635), Jan van Goyen (1596-1656), Jakob van Ruisdael (1628/29-1682), Jakob Philipp Hackert (1737-1807), Jean-Baptiste-Camille Corot (1796-1875), dem führenden Vertreter der Schule von Barbizon, aber auch von John Constable (1776-1837) und Pierre-Auguste Renoir (1841-1919).